Merkel will ausreisepflichtige Tunesier schneller abschieben
/15.02.2017/ Die Abschiebung des Weihnachtsmarkt-
fehlenden
Papieren aus seinem Heimatland Tunesien gescheitert. Die
deutsche Kanzlerin dringt
auf eine bessere Zusammenarbeit. Doch
Tunesiens Regierungschef gibt sich zurückhaltend.
Berlin (dpa) -
Abschiebungen von ausreisepflichtigen
Tunesiern beschleunigen. «Hier
müssen wir schneller werden», sagte die CDU-
nach einem Treffen mit dem Ministerpräsidenten des nordafrikanischen
Landes,
Youssef Chahed, in Berlin. Merkel kündigte zugleich an, die
freiwillige Rückkehr stärker
zu fördern. Auffanglager in dem Land
waren nach Angaben Chaheds nicht Thema des Gesprächs.
Nach ihrer Unterredung gedachten die beiden Politiker am Berliner
Breitscheidplatz
der Opfer des islamistischen Terroranschlags auf
einen Weihnachtsmarkt am 19. Dezember.
Der aus Tunesien stammende
Attentäter Anis Amri hatte 12 Menschen getötet und etwa
50 zum Teil
schwer verletzt. Amri war ausreisepflichtig, konnte aber wegen
fehlender
Papiere nicht nach Tunesien abgeschoben werden.
Chahed bedauerte den Anschlag. Auf mögliche Fehler der Behörden
seines Landes ging
er nicht ein. Er sagte, Amri sei 2011 nach Europa
gekommen, habe sein schreckliches
Attentat aber erst 2016 verübt. Die
Frage sei, wie er sich in der Zeit radikalisiert
habe.
Der tunesische Regierungschef fügte an, über Auffanglager in seinem
Land habe
er nicht mit Merkel gesprochen. Chahed hatte bereits zuvor
in der «Bild»-
Kanzlerin hatte am Wochenende mit Blick auf Überlegungen
für
Flüchtlingsauffanglager in Nordafrika gesagt, man müsse «im
gegenseitigen Respekt
voreinander ruhig besprechen, welche
Möglichkeiten da sind».
Merkel kündigte eine stärkere
deutsche Unterstützung für freiwillige
Rückkehrer nach Tunesien an. Denkbar seien
etwa Bildungsangebote und
eine finanzielle Unterstützung von Unternehmensgründungen.
Sie
betonte aber auch: «Wer sich auf diese freiwillige Rückkehr nicht
einlässt, dem
müssen wir sagen, dann müssen wir es eben auch
unfreiwillig tun. Und darüber sprechen
wir mit der tunesischen
Regierung.»
Merkel zufolge gibt es in Deutschland etwa 1500
ausreisepflichtige
tunesische Flüchtlinge. Nach ihren Angaben verließen vergangenes
Jahr
116 tunesische Staatsbürger Deutschland. Merkel kündigte die
Errichtung eines
Beratungszentrums für freiwillige Rückkehrer in
Tunesien an. Details würden auf Fachministerebene
beraten.
Die Kanzlerin kündigte zugleich einen Tunesien-
Frühjahr
an. Sie sagte, nur ein Prozent der derzeit in Italien
eintreffenden Flüchtlinge seien
über Tunesien gekommen. Die mit
Abstand meisten Flüchtlinge starteten ihre Überfahrt
über das
Mittelmeer in Libyen.
Merkel und Chahed sprachen nach Regierungsangaben auch
über die
Menschenrechtsorganisation Amnesty International. Sie sieht die
demokratischen
Reformen in Tunesien durch ein zunehmend brutales
Vorgehen der Sicherheitskräfte gefährdet.
Die Behörden griffen
verstärkt auf frühere Methoden wie Folter, unrechtmäßige Verhaftungen
und
Hausdurchsuchungen sowie das Drangsalieren von
Familienmitgliedern von Verdächtigten
zurück. Von deutscher Seite
hieß es, Amnesty könne in Tunesien arbeiten und Deutschland
unterstütze
aus Mitteln des Auswärtigen Amtes in Tunesien eine
staatliche Präventionsstelle gegen
Folter mit 300 000 Euro.