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Besser als ihr Ruf? Deutsche Bank kämpft um Vertrauen


Von Jörn Bender, dpa und Erik Nebel, dpa-AFX


/ 20.05.2016 / Schafft die Deutsche Bank endlich die Wende? Vorstand und
Aufsichtsrat machen Mut. Doch viele Aktionäre haben den Glauben
verloren.

Frankfurt/Main (dpa) - Rekordverlust, keine Dividende, die Aktie im
Keller und noch immer ein gewaltiger Berg teurer Altlasten - die
Deutsche Bank steckt in der tiefsten Krise ihrer fast 150-jährigen
Unternehmensgeschichte. Seit der Finanzkrise 2007/2008 kämpft das
Management um das Vertrauen der Aktionäre. Doch die Talfahrt hielt
an. Damit soll nun Schluss sein - Vorstand und Aufsichtsrat
beschwören bei der Hauptversammlung die Trendwende.

«Ich bin nicht bekannt dafür, zu Euphorie zu neigen. Aber ich sage
heute aus voller Überzeugung: Wir sind besser als unser Ruf. Viel
besser sogar!», betont Konzernchef John Cryan, seit knapp einem Jahr
der neue starke Mann bei Deutschlands größtem Geldhaus. Er sei
überzeugt davon, mit seinem Team die Bank «wieder auf die
Wachstumsstraße» zu bringen. «In uns allen ... steckt viel
Aufbruchstimmung.» Er fühle sich daher auch «etwas falsch
verstanden», wenn er «ausschließlich als der «Aufräumer» oder der
«Sanierer» bezeichnet werde, sagt der Brite.

Doch viele Aktionäre sind frustriert. «Nach einer Dekade des
Missmanagements ist die Deutsche Bank heute ein Sanierungsfall»,
meint Ingo Speich, Fondsmanager bei Union Investment.
Durchhalteparolen und Zweckoptimismus kommen bei den Anteilseignern
schon lange nicht mehr an. «In absehbarer Zeit wird die Deutsche Bank
ein Restrukturierungsfall bleiben», urteilt Hans-Christoph Hirt,
Co-Chef der einflussreichen Aktionärsvertretung Hermes.

Vor allem Aufsichtsratchef Paul Achleitner ist angezählt. Er war im
Juni 2012 zusammen mit der Doppelspitze Anshu Jain/Jürgen Fitschen
angetreten. Kritiker werfen dem früheren Allianz-Vorstand und
Goldman-Sachs-Banker vor, mitverantwortlich für schleppende
Aufarbeitung alter Skandale zu sein und zu lange am langjährigen
Chef-Investmentbanker Jain festgehalten zu haben. Auch dass die
Strafe im Libor-Skandal um manipulierte Zinssätze wegen mangelnder
Kooperation der Bank höher ausfiel, schiebt mancher dem
Chefkontrolleur in die Schuhe.

Achleitner zeigt sich kämpferisch. Er sehe für einen Rückzug keinen
Anlass: «Ich stehe zu meiner Pflicht und Verantwortung.» Der
Aufsichtsratschef, dessen Amtszeit in einem Jahr endet, betont bei
der Hauptversammlung: «Ich ... würde mich auch wieder hier
hinstellen, wenn dieses Jahr eine Wiederwahl anstünde.»

Doch der Druck wächst. Zwar stellte sich die Herrscherfamilie aus dem
Golfstaat Katar als Großaktionär demonstrativ hinter Achleitner und
erklärte Ende März, es wäre nicht im Interesse der Aktionäre, wenn
Achleitner 2017 seine Position aufgeben würde. Einflussreiche
Aktionärsberater hatten vor der Hauptversammlung damit gedroht, den
Aufsichtsrat per Nicht-Entlastung abzustrafen. Bei der Abstimmung am
Abend dann gibt es allerdings nur einen Dämpfer: 86,9 Prozent der
Aktionäre stimmen für eine Entlastung Achleitners.

In der Frankfurter Festhalle schlägt der Chefkontrolleur der einst
stolzen Deutschen Bank vor 5400 Aktionären zuvor leise Töne an: «Mir
ist bewusst, dass Ihre Geduld in den vergangenen Jahren stark
strapaziert worden ist», sagt Achleitner und bittet die Aktionäre:
«Dennoch oder gerade deswegen bitte ich Sie: Geben Sie diesem
Vorstand und Aufsichtsrat, geben Sie dieser neuen Bankführung ihre
Rückendeckung.»

Die Retourkutsche folgt umgehend: «Sie sollen hier nicht rumjammern,
sondern das Unternehmen nach vorne bringen», schimpft der als
streitlustig geltende Aktionär Karl-Walter Freitag. Bislang
überzeugte Cryan die Investoren nicht. Seit seinem Amtsantritt am 1.
Juli 2015 hat sich der Börsenwert der Deutschen Bank halbiert.

Mit einem harten Sparkurs und der Konzentration auf profitable
Geschäftsbereiche versucht Cryan, Deutschlands größtes Geldhaus
wieder fit zu machen. Doch Anleger rätseln, wie der deutsche
Branchenprimus an frühere Milliardengewinne anknüpfen will. «Wie sind
Ihre Visionen? Wo sind die lohnenden Geschäftsfelder unserer Bank,
mit denen wir in Zukunft wieder klotzig Geld verdienen werden?»,
fragt der Vize-Präsident der Deutschen Schutzvereinigung für
Wertpapierbesitz (DSW), Klaus Nieding.

Cryans Antwort: Der am meisten angesehene Finanzdienstleister in
Deutschland, das führende Geldhaus für Unternehmen in Europa und die
beste Auslandsbank in den USA und Asien - das sei seine Vision für
die Deutsche Bank.

Doch immer noch bremsen teure Altlasten und Skandale. Der scheidende
Co-Chef Fitschen beschwört den «Kulturwandel», um den er sich in
seinen knapp vier Jahren an der Unternehmensspitze bemühte: «Jeder,
der für uns arbeitet, muss ein sicheres Gefühl entwickeln, welche
Geschäfte wir machen und welche Geschäfte und Kunden wir besser
meiden.»

Fitschen verlässt wie angekündigt den Vorstand - doch ganz verzichten
will die Bank auf den «Bankier» und «Kundenmann» nicht: Der
67-Jährige wird die Bank weiterhin im Geschäft mit Unternehmen in
Deutschland und Asien unterstützen - zur Freude vieler Aktionäre:
«Sie sind lange der Stempel für Anstand gewesen in dieser Bank», lobt
Aktionärsvertreter Hans-Martin Buhlmann. «Lassen Sie diesen Stempel
bitte auf Ihrem Schreibtisch und den Anstand im Unternehmen.»


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