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Der «Schwanenkönig» malt Gemälde in den Kaffee


Von Michel Winde, dpa


/ 22.03.2016 / Ein Kaffee ist ein Kaffee ist ein Kaffee - nicht, wenn Daniel Gerlach
ihn zubereitet. Der 27-Jährige ist Deutscher Latte-Art-Meister.

Rottendorf (dpa) - Daniel Gerlach ist ein Künstler. Ein
ungewöhnlicher Künstler. Farbe und Leinwand sind dem 27-Jährigen
Milchschaum und Kaffee; Staffelei und Palette Kaffeemühle und
-maschine. Gerlach ist deutscher Latte-Art-Meister. Er malt Bilder in
den Milchschaum von Cappuccini, die andere nicht mal auf den
Zeichenblock kriegen.

Tulpen, Herzen, Schwäne - wenige Handbewegungen und Gerlach macht aus
einem Kaffee ein Gemälde. Erst schwenkt er Tasse und Kännchen, dann
lässt er den Milchschaum zügig in den frischen Espresso laufen, macht
kleine Kreisbewegungen, senkt das Kännchen, bebt kurz mit der Hand
als spielte er ein Vibrato. Anfangs versinkt der Milchschaum im
Kaffee - die Grundierung des Gemäldes. Dann einige Tupfer und ein
langgezogener Strich. Et voilà: eine ausladende Tulpe, deren Blüte
ein kleines Herz ist.

Latte Art ist eine Kunst, die gut passt in diese Zeit. Inszenierung
und Individualisierung spielen auch bei Speisen eine immer größere
Rolle, wie Stefanie Heckel, Sprecherin des Deutschen Hotel- und
Gaststättenverbands, sagt. Offene Küchen im Restaurant, individuell
zusammenstellbare Gerichte oder eben Latte-Art - so versuchen
Gastronomen sich vom Durchschnitt abzusetzen.

Kaffee ist das Lieblingsgetränk der Deutschen. 162 Liter hat jeder
Bundesbürger laut Ernährungsministerium 2014 im Schnitt getrunken.
Sieben Jahre zuvor waren es 14 Liter weniger. Gleichzeitig stellen
die Deutschen immer höhere Ansprüche. «Kaffee war früher ein
Heißgetränk, heute ist Kaffee Lifestyle und Genuss», meint Holger
Preibisch, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Kaffeeverbands.

Echte Gourmets wollen nicht mehr nur Omas Filterkaffee mit einem
Schuss Milch. Das Interesse an Barista-Kursen habe in den
vergangenen Jahren stark zugenommen, sagt Gerlach, der die Kurse für
einen Kaffeeautomaten-Händler in Rottendorf bei Würzburg leitet.
Kosten für den drei- bis vierstündigen Grundkurs: 139 Euro.

Gerlach hat die längste Zeit seines Lebens gar keinen Kaffee
getrunken, heute mag er nicht mehr verzichten: «Ohne Kaffeetrinken
geht der Motor nicht an.» Gerlach trinkt Filterkaffee. Wenn er ihn
zubereitet, erinnert das an einen Chemiker. Vokabeln wie
Wassertemperatur, Härtegrad und Grammzahl des Kaffees fallen. Der
fertige Kaffee erinnert an Tee, ist braun-wässrig und riecht nach
Kräutern.

Mit 18 beendete Gerlach seine Ausbildung zum Koch in Würzburg,
arbeitete dann ein Jahr in einem Schweizer Restaurant. Dort entdeckte
er in Form von Desserts seine Leidenschaft fürs Süße - und für
Kaffee. Zurück in Würzburg arbeitete er als Barista. «Da habe ich
gemerkt: Man kann mit zwei einfachen Lebensmitteln etwas Schönes
machen.» Kaffee und Milch.

Sein erstes Motiv war das Herz, ehe er drei Jahre lang den Schwan
übte. Im Herbst ist er mit dem sich spiegelnden Schwan
Latte-Art-Meister geworden. Sein Spitzname: der Schwanenkönig.


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