Dauerzwist zwischen Berlin und Moskau -
Von Nada Weigelt, dpa
/ 16.11.2015 / Verschollene Schätze, verschlungene Wege: Der Streit um Beutekunst
in
Russland gehört zu den heikelsten kulturpolitischen Themen der
Nachkriegszeit. Eine
Tagung in Berlin sucht praktische Lösungen.
Berlin (dpa) -
München sorgt der
Umgang mit NS-
Schlagzeilen. Der 2014 gestorbene Münchner
Kunstsammler Cornelius
Gurlitt besaß knapp 1500 Bilder, von denen einige unter Umständen
als
NS-
ein Thema, bei
dem es in den Wirren des Kriegsendes ebenfalls um das
Schicksal riesiger Kunstschätze
ging. In den Nachfolgestaaten der
Sowjetunion lagern immer noch mehr als eine Million
Werke, die die
Rote Armee nach ihrem Einmarsch in Deutschland als «Beutekunst»
abtransportieren
ließ.
Der Deutsch-
(16./17. November)
zehn Jahre nach seiner Gründung zu einer
Festveranstaltung in Berlin zusammenkommt,
wirft jetzt wieder ein
Schlaglicht auf das heikle Thema. Die zunächst rein deutsche
Initiative
hatte sich 2005 gegründet, weil das politische Tauziehen
um eine Rückgabe der teils
hochkarätigen Schätze seit Jahrzehnten auf
der Stelle trat.
Hermann Parzinger, deutscher
Sprecher der Initiative und Präsident
der Stiftung Preußischer Kulturbesitz, zieht
im Gespräch mit der
Deutschen Presse-
partnerschaftliches Verhältnis mit den russischen Kollegen
entstanden, es gibt
eine sehr offene Dialogsituation», sagt er.
«Vertrauen ist alles.»
Insgesamt hatten
die sowjetischen «Trophäenbrigaden», wie sie
offiziell hießen, zwischen 1945 und 1947
mehr als 2,5 Millionen
Kulturgüter aus deutschen Museen und Sammlungen in die UdSSR
gebracht.
Rund 1,5 Millionen Werke gab Moskau in zwei spektakulären
Aktionen bis 1958 an die
sozialistische Schwester DDR zurück,
darunter Glanzstücke wie Raffaels «Sixtinische
Madonna» und den
Pergamonaltar, der heute die Hauptattraktion auf der Berliner
Museumsinsel
ist. Der Rest lagerte irgendwo in russischen Depots.
Von den Verlusten betroffen sind
deutschlandweit vermutlich 87
Museen. Die Kulturstiftung der Länder gehört deshalb
zusammen mit der
für die Berliner Museen zuständigen Preußenstiftung zu den Trägern
der
Initiative. «Uns war von Anfang an klar: Unsere Glaubwürdigkeit
hängt daran, dass
wir uns nicht nur für die Verluste der deutschen,
sondern auch für die Verluste der
russischen Museen interessieren»,
sagt Generalsekretärin Isabel Pfeiffer-
Zwei große Projekte hat der Museums-
Projektleiterin Britta
Kaiser-
Einmal entstand durch die Auswertung
von sowjetischen Transport-
Verteilungslisten der Trophäenbrigaden eine umfangreiche
Datenbank,
die Auskunft über mehr als 100 000 «kriegsbedingt verbrachte
Kulturgüter»
gibt, so der offizielle Begriff. Museen in Deutschland
können damit das Schicksal
verlorener Kunstwerke weiter verfolgen.
Ein zweites Forschungsprojekt widmet sich
an exemplarischen
Beispielen der Geschichte der russischen Museen während des deutschen
Eroberungskrieges
seit 1941. Denn auch die russische Seite beklagt
verheerende Verluste -
Zerstörung oder Raub 1,1 Millionen Kunstwerke
verloren haben. Das
immer noch verschollene Bernsteinzimmer ist das bekannteste Beispiel.
Die
Führung in Moskau nimmt das Wüten von Nazi-
als Grund, die Rückgabe
von Beutekunst zu verweigern. Das deutsche
Kulturgut sei als Kompensation für die
Zerstörungen der Wehrmacht zu
russischem Eigentum geworden, schrieb die Duma 1998
gesetzlich fest.
Noch vor zwei Jahren wäre ein gemeinsamer Besuch von Präsident
Wladimir
Putin und Bundeskanzlerin Angela Merkel in der Petersburger
Eremitage wegen der dort
gezeigen Beutekunst beinahe geplatzt. «Wenn
wir irgendeine Bewegung nach vorne wollen,
dann dürfen wir dieses
Problem nicht aufblasen», warnte Putin damals.
Als gutes Zeichen
sieht es Projektleiterin Kaiser-
allein jetzt zu der Tagung rund 50
Kollegen aus Russland kommen.
Neues gemeinsames Vorhaben ist etwa die ab Frühjahr
geplante
Cranach-
aus der
Sammlung in Gotha sollen erstmals zusammen mit den dortigen
Werken des berühmten Renaissance-
ursprünglich auch aus Gotha und wurden 1945/46 von der
Roten Armee in
die Sowjetunion gebracht.
Wermutstropfen: Bei uns ist eine solche «Wiedervereinigung»
nicht
möglich. Denn Deutschland hält den Besitz von Beutekunst für
völkerrechtswidrig.
«Die deutsche Regierung wäre nach dieser
Rechtsauffassung verpflichtet, Leihgaben
zu beschlagnahmen -
Folge, dass es natürlich nie zu einer Ausstellung in Deutschland
kommt»,
sagt Pfeiffer-